Sonntag, 21. April 2013

Verpackungswahn


Meine Tante, klug und schön, hat Geburtstag und zur großen Party eingeladen, schnell ist klar, ein Gutschein ist das einzig vertretbare. Ich bin für Dussmann wegen Musik, Büchern, Fachliteratur zum Aussuchen, meine Mutter ist für Schönheit, also gibt's zwei, einen für Dussi, einen für Douglas. An dieser Stelle muss ich mal was loswerden: Ich finde es jedes Mal faszinierend, wie unfreundlich die Kassierer bei Dussi sind. Bei der Kohle, die man da lässt (und bei dem schlechten Gewissen, das mich spätestens seit email für dich immer plagt, so dass ich mich nach jedem böse-böse-Dussieinkauf an unserem Buchladendinosaurier an der Ecke immer nur mit eingeschaltetem Tarnschild und unterhalb der Schaufensterkante vorbeischleiche) würde ich etwas mehr Freundlichkeit durchaus vertretbar finden. Ob da Unfreundlicheit zu den Einstellungsvoraussetzungen für den Kassenbereich gehört, oder kommen da die hin, die sich in den Abteilungen nicht bewährt haben? Vielleicht verfolgen sie ja auch einen psychologischen Ansatz: Menschen, die mit dem Ergebnis mehrgliedriger Additionen konfrontiert sind, das sie im Eilverfahren zu ihrem Kontostand ins Verhältnis setzen müssen, stehen eh so weit unter Schock, dass Freundlichkeit sie nur weiter verwirren würde. Wenn das so ist, werde ich mich beim nächsten Mal für so viel Rücksichtnahme bedanken, mal sehen, wer dann mehr verwirrt ist :)


Aber egal, wenn man schon einen Gutschein verschenkt, der jetzt selbst unter Hinzuzerren des Freiheitsgedankens nicht das allerpersönlichste Geschenk ist, das einem einfallen kann, dann könnte wenigstens die Verpackung was hermachen. Meine Freundin hat mir mal einen chicen IKEA-Gutschein geschenkt (ein seeeehr persönliches und maßgeschneidertes Geschenk für mich, weiß jeder), den sie kurzerhand in einen passenden (IKEA-) Bilderrahmen gesteckt hat, um sich dann zu entschuldigen, für mehr hätten Phantasie und Zeit nicht gereicht. Ich fand's wunderbar, beides hängt bis heute an meiner Wand, weil es einfach so schön aussieht (nee, der Gutschein ist inzwischen leer). Dussi muss noch nicht mal schicke Gutscheine machen! Ich hab ja den Verdacht, da waren Kosten-Nutzen-Fetischisten am Werk, die dachten: wer bei der Auswahl immer noch einen Gutschein braucht, nimmt jeden. Und an der Kasse sind alle relevanten Entscheidungen eh gefallen. Wer würde schon die mühsam auf wie viel Etagen? zusammengetragene Beute liegen lassen, weil der Kassierer zu unfreundlich ist oder andersherum, würden Sie gleich zur nächsten Runde starten, weil der Kassierer so schnuckelig gelächelt hat beim ec-Karte durchziehen? Sehen Sie, sag ich ja, Konsumentenrente abgeschöpft, kein Mehrnutzen mehr drin.

So und wie verpacken wir nun unsere Gutscheine? Zellophan? Zwei DIN lang-Umschläge in knallrot und türkis? Zusammen, einzeln? Miss Magacuki fällt (am Vorabend der fete) ein: Ein Kissen muss her, mit Taschen. Zum Gutscheine reinstecken. Oder wollte ich erst ein Kissen für mein krank in der Bude rumliegendes Kind machen? Ich weiß es nicht mehr, dabei war das erst vorgestern ... Jedenfalls hab ich wieder eine Jeans aus dem Schrank gefischt - nicht etwa eine von den kaputten, die das Ordnungsempfinden von MEL durch Langzeit-in-der-Küche-rumliegen stören und sämtliche Kinder-zur-Ordnung-Erziehungsmaßnahmen zur reinen Schikane degradieren. Ran an die Kissen, eins für Gutscheine/Tante und eins fürs kranke Kind (das brav wieder gesund ist, bis das Kissen heute fertig war).

die Verpackung für die Verpackung gibts um Weihnachten bei IKEA
Rückseite: kurzfloriger Plüsch aus der nici home-Kollektion
Noch ein Geschichtchen? Okay, gut: Also ich sitze hier des nachts in der Küche, hab das Tante-Kissen fertig und verpackt (ist ja klar, dass das Kissen, das eine Verpackung für die Gutscheine ist, auch noch eine Verpackung braucht), ich schneide das Kinderkissen zu, in meinem Bett fiebert ein Kind, der arme soll auch ein Kissen haben, wenn Mama schon zum Geburtstag fährt und das kranke Kind zu Hause bleiben muss, so eine Hose hat ja das Zeug für zwei Kissen, ich trag nun mal keine XS. Jetzt muss man wissen, unsere Wohnung wurde irgendwann mal geteilt, beim Heizungsrohrverlegen stellt sich heraus, dass die Wand zwischen unserer Küche und der Nachbarwohung keine Wohungswand, sondern nur eine Zimmerwand ist, das erklärt zum Beispiel, weshalb wir das Telefonklingeln der Nachbarn hören und damals bei uns kein Babyphone funktioniert hat. Aus dem gleichen Grund verbietet sich der Einsatz der Overlocke nach 22 Uhr, freiwillige Selbstkontrolle, FSK 22 sozusagen. Trotz Radio und Nähmaschine höre ich den Nachbarn, also seine Freundin, scheint es, oops, denke ich, na die haben ja Spaß heute :) Nee, ich lausche auch an dieser Stelle nicht, aber die Töne, die die Dame jetzt von sich gibt, klingen komisch. Die jammert doch?? Ich mach das Radio aus, die Frau hat deutlich eine Scheißangst, sag mal, der wird doch nicht hinter unserer Pappwand seine Schnecke abmurksen???!! Soll ich die Polizei rufen? Die Frau ruft: Apuuuuu!! ("Papa!") SCHEIßE, das ist mein Sohn, der da in seinen Fieberträumen schreit und wahrscheinlich rufen die Nachbarn grad die Polizei. Unter diesen Umständen blieb das Sohn-Kissen also liegen und wurde erst heute fertig. Lange wird er sein frischbezogenes Bett-Kopfkissen angucken und dann fragen: Mama, darf ich das neue Kissen zum Schlafen haben??

Taschentücher, mp3-Player, Fernbedienung - hier passt alles rein


Mit dem langflorigen Plüsch gefällt es mir ja fast noch besser, obwohl ich mit dem sonst nicht so viel anfangen kann. Und was könnte besser trösten, als Mamas alte Jeans??

Sagte ich es schon und man sieht es ja auch, der Trick ist, die Jeans so aufzuschneiden, dass man eine vordere Tasche und eine Po-Tasche in einem Kissen verarbeiten kann. Für die Rückseite einen weichen Stoff (oder Jeans ohne Nieten, liegt sich sonst blöd drauf) nach dem Jeansstück mit viel Nahtzugabe zuschneiden (rechts auf rechts legen, ist asymetrisch) und das Innenkissen auch großzügig nach dem Jeansteil zuschneiden, damit genug Platz für das Füllkissen bleibt. Vor dem Zusammennähen von Vorder- und Rückseite ein Band unter die Gürtelschlaufen nähen und ein Etikett so anbringen, dass die Taschen noch benutzbar bleiben :) Die Naht, wo oben Hosenbund und Rückseite aufeinandertreffen, nähe ich von Hand, damit die Originalbundnaht so bleibt. Die müsste man zum Waschen dann auch trennen, oder man wäscht alles zusammen. Hab ich noch nicht probiert, das Problem ist eben, dass die Innenkissen so gern verklumpen und das hier ist schon recycelt.

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