Dienstag, 25. Juni 2013

wer sich selber nicht ehrt

Ich fahre bald weg. Wohin weiß ich nicht, das ist MELs gut gehütetes Geheimnis. MEL sagt, ich soll mir ein Buch mitnehmen, Krieg und Frieden Teil 1-4 oder so. Aha. Wenn ich was gutes lesen will, schreib ich's mir selber, soll mal irgendwer gesagt haben, ich könnte ja vorsichtshalber die süße kleine Tastatur mitnehmen, natürlich nicht in ihrer schnöden Plastiktüte, ist ja klar. Dafür gab es doch so XXL-Milkapapier. Warum es mir leichter erschienen war, aus mehreren Mini-Rittersportpapieren eine Hülle zu machen, kann ich jetzt im Nachhinein beim besten Willen nicht sagen.


Mit Probieren bekomme ich heraus, dass ich pro Seite 15 brauche, also 30 (Papiere, nicht Kilo auf den Hüften). Leider fehlen mir zwei. (Wieder Papiere.) Erstes Handicap. (Heute morgen entdecke ich fünf auf der Wäscheleine, hmpf.)

In meiner Nämaschine ist derzeit eine Zwillingsnadel. Nach 6 Jahren habe ich in der Bedienungsanleitung Zwillingsnadeln nachgeschlagen und siehe, da gibts nen Knopf, den man drücken muss und außerdem steht da, wo und wo nicht der zweite Oberfaden lang soll. Ganz überraschend werden die vorschriftsmäßig vorbereiteten Zwillingsnähte schön, sauber und stabil, anders als in der och-was-brauch-ich-ne-Anleitung-freestyle-Variante. 

In den alten Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat, hatte ich mir optimistisch ein hypersexy langes Jersey-Schlauchkleid zugelegt und dachte, das wird schon. Für die top-secret-Reise mit MEL bin ich erwartungsfrei in das Kleid gestiegen, habe beherzt in den Spiegel gesehen und dann zur Schere gegriffen.

Als T-Shirt ist das Kleid ne Wucht. Und den Rock krieg ich auch noch hin. Mit der Zwillingsnadel. Die ich bis dahin nicht ausbauen will. Zweites Handicap.

Ich werde also meine erste wattierte Schokopapier-Patchwork-Tastaturschutzhülle auf der IKEA-Maschine meiner kleinen Tochter nähen. Selbstredend ist es schon Nacht, als ich anfange.

Der widerliche Perfektionist hält durch bis zum Ende des ersten Konserven-Tatortes, dann hat er genug. Den zweiten Teil mach ich mit mir alleine, für mich alleine. Meine Motivation schwächelt ein wenig. Ich mag keine Rittersport. Ist mir zu dick. Keine gute Haptik für meinen Geschmack. Aber schließlich will ich ja nur eine Tastatur verpacken, und zwar pronto, soll schließlich auch noch ein Rock werden. Mit der Zwillingsnadel.

Folgende Erkenntnisse werde ich parallel zu den fortschreitenden Ermittlungen des zweiten Konserven-Tatort-Teams gewinnen:
  1. Eine Tastaturhülle zu polstern mag eine wunderbare Idee sein. Ob man dazu Vlieseinlage UND tarnfarbenen Fusselstrick nehmen muss, könnte man sich genauer überlegen. Auch, ob sich die Fusseln vom Futter nicht etwa in der Tastatur absetzen.
  2. Die frei wählbare Stichlänge ist ein großes Geschenk der ehrenwerten Nähmaschinenbauergilde an die Hausfrau.
  3. Die Stichlänge nicht frei wählen zu können und dann Schokopapier, Volumenvlies und Fusselstrick durch die IKEA-Maschine jagen zu wollen, ist eine 16U (näheres dazu siehe 11. Leben Blaubär) Oder vielmehr eine 1U32M. Das sagt ja wohl alles. Das reißt auch kein Teflonfuß mehr raus.
  4. Mehr Dicke gleich weniger Breite. Das hatte sich mir bisher im richtigen Leben etwas anders dargestellt.
  5. Wenn man keine Lust hat, etwas richtig zu machen, soll man es lassen. Gut, das wusste ich eigentlich schon. Also besser: Auch wenn man etwas für sich selber macht, darf Mühegabe vorhanden sein.
  6. Reißverschlüsse kann man lernen. Der hier ist schon richtig prima.
  7. Die Tasche ist nach dem Wenden zu klein für die Tastatur. Hätte ich mehr Schokolade essen sollen? Nein, ich sag doch, da waren noch welche auf der Leine. Aber selbst wenn ich die gefunden hätte, wäre mir nicht eingefallen, noch eine Reihe mehr in der Breite zu basteln. Ist also fast entschuldigt.
  8. Ich hätte einfach ins Bett gehen sollen.



Jetzt habe ich hier eine Tastatur in Original-Plastiktüte und eine gepolsterte Rittersport-Patchwork-Krepelchen-Tasche mit Tarnfell-Futter, mit der ich nichts anfangen und die man nicht mal verhökern kann, weil die Buchfolie auf der Rückseite so blöd viele Blasen geworfen hat und der widerliche Perfektionist findet, das kann man doch nicht als magacuki rausgeben! Das sei ja schlimmer als ein Billigplagiat made in PRC. Und nu? Doch Krieg und Frieden?

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